Prisca Ravily, die kreolische Köchin

Ein Exklusiv-Portrait von LebensArt-Biografien

Was macht einen Menschen zu einem Herzensmenschen? Was verleiht ihm dieses Strahlen, das von innen heraus kommt, die besondere Aura, in deren Nähe man sich einfach wohlfühlt? Es ist die Begeisterung für etwas, das dieser Mensch mit seinem ganzen Herzen tut, und mit dem er die Welt nicht nur für sich selbst, sondern auch für andere Menschen zu einem schöneren Ort macht.

Prisca Ravily ist so ein Mensch. Seit sie vor einigen Jahren begonnen hat, mit ihrer Kochschule „Kreolisch Kochen“ in Laufen-Leobendorf die Herzen der Gaumenfreudigen aus der Region zu erobern, kamen immer mehr Kunden von immer weiter her zu ihr, um die exotische Kulinarik von La Réunion kennenzulernen, Priscas Heimatinsel im Indischen Ozean. Dort ist sie auf dem landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Eltern aufgewachsen und lernte alles über den Ursprung frischer Lebensmittel und ihre Verarbeitung.

In ihren Kochkursen lehrt Prisca heute nicht nur den richtigen Umgang mit Gewürzen wie Chili, Koriander, Ingwer und Masala, hier werden nicht nur duftendes Coq au vin, würzige Fisch- und Linsengerichte zubereitet oder die allseits so beliebten Samoussas, gefüllte Blätterteigtaschen, gewickelt – vor allem werden hier ganz exzessiv Genuss, Gemeinschaft und Lebensfreude zelebriert!

Vom Kochkurs direkt in den Urlaub

Wer schon einmal bei Prisca gekocht hat, der weiß, dass man unter ihrer herzerfrischenden Anleitung und beim Verarbeiten all der appetitlichen, hochwertigen Zutaten gar nicht anders kann als glücklich zu sein. Man schnippelt buntes Gemüse, wäscht Reis, zerstampft Knoblauch im Mörser und lauscht auf Priscas Anekdoten aus ihrer Heimat, die sofort einen Hauch von Fernweh wecken. Denn während die Dämpfe der vor sich hin brutzelnden und blubbernden Köstlichkeiten den Gästen schon das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen, befeuern die Geschichten aus La Réunion ihre Vorstellungskraft: Bilder von üppiger Blumenfülle, Vulkansandstränden, romantischen Wasserfällen und reifen Vanilleschoten steigen auf und schicken die Sehnsucht auf Reisen. So mancher Gast buchte unmittelbar nach dem Kochkurs seinen nächsten Urlaub auf La Réunion.

Dabei empfiehlt Prisca ihren Gästen auch stets das Restaurant ihrer Mutter auf La Réunion, die „Camion-Bar“ in Sainte-Rose. Doch es geht auch anders herum: Kurioserweise hatte bei Madame Ravily auf der Insel zufällig einmal ein aus Leobendorf angereister Gast gegessen und seinen Augen nicht getraut, als er das Werbeschild von „Kreolisch Kochen“ entdeckte, von dem er bis dato noch nichts gehört hatte. Er war von der kreolischen Urlaubsküche so angetan, dass er zu Hause sofort einen Kochkurs bei Prisca buchte. Bei Madame Ravily gibt es außerdem wunderbar aromatische Vanilleschoten aus eigenem Anbau zu kaufen, die von Zeit zu Zeit und in kleinen Mengen auch bei Prisca erhältlich sind. Die kreolische Kochschule in Laufen-Leobendorf ist also der töchterliche Ableger des Mutterbetriebs auf La Réunion, den Prisca hier ganz liebevoll in bayerische Erde gepflanzt hat, wo er seither Wurzeln schlägt und Blüten treibt.

Faszination Ursprünglichkeit

„Bei uns auf La Réunion gibt es für die Speisenzubereitung zwei Bereiche“, erzählt Prisca über die Küche ihrer Heimat. „Für das Kochen im Haus sind die Frauen zuständig, hier werden Gewürze, Gemüse und Geflügel verarbeitet. Die Männer arbeiten draußen im Hof, hier schlachten und zerlegen sie das Vieh und bereiten es auch zu. Das hat mich früher immer viel mehr interessiert als die Arbeiten in der Küche, wo die Frauen über so langweilige Dinge wie ihre Ehen plauderten. Bei uns wird nach dem Schlachten immer das komplette Tier verarbeitet, die Därme, das Blut, alles. Kein Stück wird weggeworfen. Das zu beobachten fand ich faszinierend. Aber ich musste bei den Frauen in der Küche bleiben und dort mitarbeiten.“

Auf meine Frage hin, wie das Kochen überhaupt zu ihrer Passion geworden war, lacht Prisca auf und meint, das sei eine lustige Geschichte. „Ich war zehn Jahre alt, als eine angeheiratete Tante, die aus Mauritius stammte, mich und meine Eltern zu sich zum Essen einlud. Ihre Art der Speisenzubereitung war anders als die unsrige, ich mochte sie nicht. Als die Tante sich nach dem Essen schließlich erkundigte, wie es mir geschmeckt hätte, sagte ich ihr unumwunden meine Meinung. Ja, ich war ziemlich frech damals“, meint sie mit einem schelmischen Funkeln in den Augen. Jedenfalls lud die Tante die kleine Prisca kurz darauf wieder zu einem Familienessen ein, jedoch sollte sie schon zwei Stunden vor dem Termin erscheinen. Nichtsahnend klingelte Prisca in ihrem Feiertagskleidchen pünktlich bei der Tante, wurde von dieser dann aber in die Küche beordert und damit beauftragt, das Essen zuzubereiten. „Es musste noch der Reis gekocht werden, dann der Bohneneintopf und so ging es immer weiter. Zuerst war ich ärgerlich, denn darauf war ich nicht vorbereitet gewesen. Aber irgendwie hat es mir dann auf einmal Spaß gemacht“, erzählt Prisca. Schließlich hatte sie das gesamte Abendessen in der Küche der Tante fertig gezaubert und servierte es der Familie. „Und es hat allen geschmeckt!“, strahlt sie.

Dankbarkeit leben

Dieses Erfolgserlebnis war die Initialzündung für Priscas Kochleidenschaft. Von diesem Zeitpunkt an kochte sie auch zu Hause unter Anleitung ihrer Mutter mit wachsender Begeisterung. „Mama hat mir alles beigebracht, was ich übers Kochen weiß. Alles was ich kann, habe ich von ihr gelernt“, sagt sie anerkennend.

Auf La Réunion ist es üblich, die Kinder schon ab dem Alter von drei Jahren in die Gewürzkunde einzuführen. Diese Tradition ebenso wie ein sehr hohes Bewusstsein für naturbelassene Lebensmittel und frisch zubereitete Kost gibt Prisca heute nicht nur an ihre Kochschüler, sondern auch an ihre eigenen vier Kinder weiter. Selbst die zweijährige Lydia geht mit der Mama schon regelmäßig in den Garten, wo sie Kräuter probiert und ihre Namen lernt.

Ebenso wichtig ist es Prisca, ihren Kindern das Bewusstsein für den Wohlstand und Komfort zu vermitteln, mit dem sie hier aufwachsen dürfen. So etwas wie fließendes, sauberes Wasser nicht als Selbstverständlichkeit zu betrachten, sondern es wertzuschätzen. „Wenn es bei uns auf La Réunion einen Wirbelsturm gab, hatten die Menschen für lange Zeit kein fließendes Wasser mehr, weil es verschmutzt war und die Leitungen zur Sicherheit abgedreht wurden, damit keiner krank wurde. Wir selbst hatten auf unserem Grundstück zum Glück eine Quelle, aber trotzdem mussten wir erst in den Garten hinausgehen, um Wasser zu holen. Und so sage ich meinen Kindern immer, geht vorsichtig mit allem um, genießt es und erkennt das Besondere darin. Das hat etwas mit Respekt zu tun“, erklärt Prisca.

Die Wertschätzung für die Geschenke des Alltags ist etwas, das man auch in Priscas Kochkursen vermittelt bekommt. Es ist keineswegs selbstverständlich, täglich frische und gesunde, kraftgebende Lebensmittel auf dem Teller zu haben. Tatsächlich tragen sie enorm zu unserer Lebensqualität bei. Wir haben heute die Möglichkeit, uns hochwertig zu ernähren, und Kurse wie die von Prisca erinnern uns einmal mehr daran es auch zu tun.

Den Gedanken, einmal mit Menschen arbeiten zu wollen, hatte Prisca schon in ihrer Jugend. „Mein Vater war Bankangestellter. Ich besuchte ihn nach der Schule oft in seinem Büro, beobachtete ihn bei der Arbeit und durfte manchmal Geld zählen oder Schecks prüfen. Da wusste ich, dass ich so etwas später nicht beruflich machen wollte. Mein Beruf sollte etwas mit Menschen zu tun haben.“

Parallel zu ihrer Schulausbildung half Prisca stets auch in der Landwirtschaft ihrer Eltern mit, fuhr mit ihnen regelmäßig zum Markt, wo die eigenen Erzeugnisse verkauft wurden. „Es gab immer viel zu tun bei uns, wir hatten mehrere Berufe und haben von Montag bis Sonntag ohne Pause gearbeitet“, erzählt Prisca.

Geprägt durch traumatische Erlebnisse in einer von Nonnen geführten Schule, wo die Kinder sehr hart bestraft wurden, wollte Prisca zunächst Lehrerin werden. „Die Nonnen waren so herzlos zu uns Kindern. Einmal musste ich zwei Stunden lang stehen, nur weil ich mich mit der falschen Hand bekreuzigt hatte“, erzählt Prisca. „In diesen Jahren erwachte in mir der Wunsch, Kindern zu helfen.“

Nach dem Gymnasium begann Prisca ein Studium an der Uni. Da die Studenten sich dort während der ersten Semester an unterschiedlichen Studienzweigen versuchen dürfen, begann sie mit Wirtschaft und Recht, wechselte danach zu Biologie und Medizin und dann zu Literatur. Erst beim Studium der Geschichte fühlte sie sich im richtigen Wissensbereich angekommen und wollte dabei bleiben. Doch dann kam die Liebe.

Kreolische Lebensfreude

Reinhard, der blonde Student aus Österreich, der an der Uni als Assistent arbeitete, gefiel nicht nur Prisca. Als die beiden ein Paar wurden, freute sich die ganze Familie mit und nahm Reinhard herzlich in ihrem Kreis auf. Nach einiger Zeit musste er in seine Heimat zurück, kehrte aber wieder. Prisca und Reinhard waren neun Monate zusammen, als er ihr einen Heiratsantrag machte. Zu diesem Zeitpunkt planten die beiden schon, nach der Hochzeit im Jahr 2005 miteinander nach Österreich zu gehen.

Wie gern man Reinhard in Priscas Familie gleich hatte, veranschaulicht sie mit einer entzückenden Anekdote: „Auf allen unseren Familienfeiern, egal ob Taufen, Konfirmationen oder Hochzeiten, wird in meiner Heimat getanzt. Ein Fest ohne Tanz ist auf La Réunion undenkbar. Meine Oma väterlicherseits jedoch tanzte nie. Auf keiner der vielen Hochzeiten meiner Tanten, Onkel, Cousinen und Cousins habe ich sie jemals auf der Tanzfläche gesehen. Sie wurde gelegentlich aufgefordert, lehnte aber immer ab. Man witzelte bei uns in der Familie schon darüber und sagte bei solchen Gelegenheiten: Versuch‘ nur, Oma zum Tanzen aufzufordern, du wirst ja doch abblitzen! Nicht so Reinhard. Als nach unserem Hochzeitstanz die Reihe an der Verwandtschaft war zu tanzen, ging er zu meiner Oma und forderte sie auf. Uns allen fielen beinahe die Augen aus dem Kopf, als Oma wie selbstverständlich aufstand, Reinhard lächelnd die Hand reichte und erwiderte: Sehr gern!“

Nur wenige Tage nach der Hochzeit nahm Prisca Abschied von ihrer Heimat und begleitete ihren Ehemann ins Salzburger Land, wo die beiden zunächst bei den Schwiegereltern unterkamen. Drei Monate später mieteten sie sich eine Wohnung in Bad Reichenhall, denn dort bekam Reinhard eine Anstellung als Lehrer. Nun hieß es für Prisca erst einmal, die deutsche Sprache zu lernen. Sie besuchte entsprechende Kurse und fand schnell erste Freunde, mit denen sie viel unternahm, um sich mit Kultur und Sprache vertraut zu machen. An den Abenden aßen die beiden gern auswärts bei den Gastwirten der Region, denn Prisca war neugierig auf die hiesige Küche und wollte alles ausprobieren. Ihr exzellenter Geschmackssinn war ihr dabei der rote Leitfaden. „Ich kostete alles und schmeckte sofort, ob die Speisen frisch zubereitet waren oder nicht“, erzählt sie. Auch künstliche Zusätze und Nebenaromen schmeckte Prisca, die zuvor noch nie Fertigprodukte gegessen hatte, sofort heraus: „Den metallischen Beigeschmack von Tomatensauce aus der Dose empfinde ich als sehr unangenehm, für mich ist so etwas ungenießbar.“

Doch während Prisca sich nun nach Herzenslust durch die bayerischen und österreichischen Speisekarten schlemmte, entwickelte sie Unverträglichkeiten. Ihr Körper wehrte sich auf einmal so heftig gegen die Aufnahme gewisser Lebensmittel, dass sie zu Beginn ihrer ersten Schwangerschaft stetig an Gewicht verlor, anstatt zuzunehmen. Irgendwann stand die Diagnose fest: Laktoseintoleranz. Eine Veranlagung, die die Kreolin wohl ihren asiatischen Genen zu verdanken hat, die aber nie zum Tragen gekommen war, da sie in ihrer Heimat nur äußerst selten Kuhmilchprodukte zu sich genommen hatte. „So etwas wie Kuchen oder Torten habe ich in meiner Heimat nur einmal im Jahr gegessen, an meinem Geburtstag“, erzählt Prisca. „Ich ernährte mich dort hauptsächlich von Fisch, Gemüse und Reis.“

Hier in Deutschland hatte sie damit begonnen, Eis und viele andere Speisen zu essen, die Kuhmilch enthielten. Doch auf diese Art von kulinarischem Genuss musste Prisca ab sofort verzichten. Sie erkundigte sich jetzt vor allem beim Essen außer Haus sehr genau nach den Inhaltsstoffen der bestellten Speisen. „Manchmal kam es vor, dass ich trotzdem eine Salatsauce mit Joghurt serviert bekam, ohne es zu wissen, und mir wurde sofort übel. Mein Körper reagierte schon auf kleinste Mengen innerhalb weniger Minuten.“

Nun musste Prisca also noch genauer auf die Inhaltsstoffe ihrer Speisen achten. Man könnte sagen, ihr hochsensitiver Körper entwickelte sich zu einer immer feineren Antenne und sie selbst ein untrügliches Gespür für Reinheit, Qualität und Beschaffenheit von Lebensmitteln.

Kreolisch Kochen geht viral

Zwischenzeitlich waren Prisca und ihr Mann nach Leobendorf bei Laufen gezogen, wo die Familie nun sesshaft wurde und sich schnell weiterer Nachwuchs einstellte. Als das jüngste der damals drei Kinder vormittags im Kindergarten war, entstand bei Prisca der Wunsch, sich außer Haus wieder mehr zu betätigen. Also begann sie, bei Edeka Helminger, dem Nahversorger des Dorfes, kreolische Spezialitäten anzubieten: Samoussas und Petit-patés, unterschiedlich gefülltes, deftiges Blätterteiggebäck. Das exotische „Schmankerl für zwischendurch“ wurde sehr gut angenommen und Priscas Ruf als exzellente kreolische Köchin verbreitete sich wie ein Lauffeuer. Rasch kamen die ersten Anfragen nach gemeinsamen Kochabenden, zunächst aus dem Freundes- und Bekanntenkreis, mit der Zeit dann aber auch vermehrt von Interessenten aus der Region.

„Irgendwann reisten die Leute sogar aus München an und buchten sich in der Gegend ein Zimmer fürs Wochenende, um an einem meiner Kochkurse teilzunehmen“, erinnert sich Prisca.

Die Gruppen wurden zusehends größer, manche buchten den Kochkurs als Event und feierten so mit Freunden ihren Geburtstag. Ganze Schulklassen meldeten sich an, um mit Prisca zu backen und spielerisch kochen zu lernen. Im zweiten Stock des Familienhauses war mittlerweile eine geräumige zweite Küche mit großem Essbereich entstanden, so dass Prisca endlich genügend Platz für ihre Gäste hatte. Sie nannte ihr Unternehmen „Kreolisch Kochen“, ging mit ihrer Website www.kreolisch-kochen.de online und hatte in den Spitzenzeiten irgendwann bis zu 30 Kochgäste pro Monat im Haus.

Als sich 2018 der vierte Sprössling anmeldete, verabschiedete sich Prisca mit Kreolisch Kochen in eine Babypause und plante, im Sommer 2020 ihre Kurse wieder aufzunehmen. Doch dann kam Corona und veränderte das Gemeinschaftsleben, wie man es bisher gekannt hatte, völlig. Auch Prisca muss sich derzeit noch gedulden, bis sie wieder loslegen und ihre Gäste in die Geheimnisse der kreolischen Küche einweihen kann.

Aktuell träumt sie von den nächsten Ferien auf La Réunion, seit fünf Jahren hat sie ihre Heimatinsel nicht mehr gesehen. Zuletzt war ihre Mutter nach Bayern gekommen, um die vier Enkelkinder zu besuchen, aber auch das ist schon eine Weile her. Außerdem macht Prisca Pläne für die Zeit nach Corona. „Wenn Lydia ab Herbst in den Kindergarten geht, hätte ich wieder mehr Zeit für Kochkurse“, seufzt sie. „Aber wir müssen ja erst mal sehen, was noch alles auf uns zukommt. Ich hoffe, es wird nur Gutes sein.“

Das hoffen wir ebenso. Und freuen jetzt schon darauf, wenn Prisca Ravilys Kochschule ihre Tore irgendwann wieder öffnen und ein Stück exotischer Lebensfreude nicht nur auf unsere Teller, sondern vor allem in unsere Herzen zaubern wird.

Holen Sie sich doch schon mal Appetit auf www.kreolisch-kochen.de 

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